30 Dez Rollstuhl
Rollstuhl
Definition, Typen, Ausstattung, Kosten
Mobil und selbstständig, aktive Teilhabe am Leben: Ein Rollstuhl gibt Menschen mit vorübergehenden oder bleibenden körperlichen Einschränkungen beim Gehen oder Stehen Bewegungsfreiheit und Lebensqualität im Alltag zurück. Welche Modelle es gibt, für wen sie geeignet sind und welche Kosten die Kassen übernehmen, erfahren Sie im folgenden Ratgeber.
Definition: Was ist ein Rollstuhl?
Ein Rollstuhl ist ein Hilfsmittel, das Personen, die aufgrund von Krankheit oder körperlichen Einschränkungen zeitweise oder dauerhaft gehbehindert oder gehunfähig sind, ermöglicht, sich im privaten und allgemeinen Lebensbereich allein oder mit fremder Hilfe fortzubewegen.
Rollstühle gibt es in unterschiedlichen Varianten: Ein Rollstuhl für Kinder muss andere Eigenschaften mitbringen als eine Mobilitätshilfe für Erwachsene, ein Rollstuhl für die Rehabilitation und Heilbehandlung zur Wiederherstellung der Gehfähigkeit oder für den Krankentransport muss anderen Anforderungen gerecht werden als Modelle für den dauerhaften Gebrauch im Alltag. Grundsätzlich bestimmt das Ausmaß der individuellen Beeinträchtigung sowie der Funktionsdefizite beim Gehen und/oder Stehen die Beschaffenheit eines Rollstuhls, seinen Gebrauch oder den speziellen Zweck.
Rollstühle, die von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anerkannt sind, führt das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes auf. Zugelassen sind somit unterschiedliche Modelle, die Ärztinnen und Ärzten als Grundlage für ihre Empfehlungen und Verordnungen im individuellen Fall dienen. Sollte ein Rollstuhl aus medizinischen/therapeutischen Gründen notwendig sein, stellt die Krankenkasse ein geeignetes Gerät leihweise zur Verfügung oder übernimmt die Anschaffungskosten für einen gebrauchten oder neuen Rollstuhl.
Welche Rollstuhl-Typen gibt es?
Rollstühle gibt es für unterschiedliche Einsatzbereiche und Anforderungen. Das offizielle Hilfsmittelverzeichnis der GKV gibt hier eine verlässliche Orientierung zu „Kranken- und Behindertenfahrzeugen“, die je nach Bauart, Ausstattung und Zweck in Kategorien eingeteilt werden. Dazu gehören unter anderem die folgenden:
Rollstühle für den Innenraum (Wohnbereich)
- Toilettenrollstühle
- Duschrollstühle
- Rollstühle mit Einarmbetrieb
- Innenraumrollstühle mit Elektroantrieb
Rollstühle für den Innen- und Außenbereich (Straßenverkehr)
- Schieberollstühle
- Rollstühle mit Greifreifen
- Aktivrollstühle (Adaptivrollstühle)
- Elektrorollstühle (für Kinder, Erwachsene)
Fahrzeuge für den Straßenverkehr
- Rollstühle mit Hebelantrieb
- Elektrorollstühle
- Vorspann-/Einhängefahrräder mit Handkurbelantrieb
- Elektromobile
Rollstühle für Treppen
- Treppenfahrzeuge (Treppenlift)
Neben den aufgeführten Varianten werden außerdem Typen für spezielle Anwendungen aufgeführt. Dazu gehören Buggys, Spezialrollstühle zur aktiven Nutzung durch Kinder, Rollstühle mit Stehvorrichtung oder Multifunktionsrollstühle bei Pflegebedürftigkeit für Menschen mit schweren oder schwersten Beeinträchtigungen, die sich aus eigener Kraft kaum oder gar nicht bewegen können. Einige Modelle erlauben ohne großen Aufwand eine Verlagerung der Sitzeinheit in eine Liegeposition.
Mobilitätskonzepte, Ausstattungsvarianten
Das Hilfsmittelverzeichnis der GKV weist neben den Rollstuhltypen auch auf Möglichkeiten der Auf- und Zurüstung mit höhenverstellbaren Seitenteilen (Armlehnen) oder die verschiedenen Antriebe, Hebevorrichtungen und Sitzelemente hin. Darüber hinaus rücken die folgenden Aspekte besonders in den Blick:
Fortbewegung
Passive Nutzer, die nicht über ausreichende Kraft- oder Greiffunktion der Hände verfügen, benötigen einen Schieberollstuhl, der von einer Begleitperson (Pflegekraft) bewegt wird. Greifreifen-Modelle gestatten dagegen die Fortbewegung aus eigener Kraft. Leichtgewichtige Trippelrollstühle (Fortbewegung mittels „Trippeln“ der Füße) oder Handhebelrollstühle werden häufig von Menschen mit nur einem Arm oder komplett fehlenden oberen Gliedmaßen im hauseigenen Wohnbereich genutzt.
Mitunter bieten sich Elektrorollstühle an, für die es unterschiedliche Bedienkonzepte gibt (mittels Joystick, Kinn- oder Kopfsteuerung etc.) und die sich je nach Ausführung für den Innen und/oder Außenbereich eignen. Sogenannte „Elektromobile„ (E-Scooter) für den Außenbereich bieten sich an, wenn die Nutzer auf Aktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände angewiesen sind oder besonderen Wert legen auf Aktivitäten außer Haus (Spazierfahrten, Naturerlebnisse etc.). Angesichts möglicher Kosten sollte hier abgewogen werden, ob eine Anschaffung sinnvoll ist.
Bei E-Modellen für den Straßenverkehr ist darauf zu achten, dass eine Zulassung als Kraftfahrzeug für den Straßenverkehr (TÜV-Zulassung) vorliegt. Auch wenn für motorisierte Rollstühle/Elektromobile mit einer Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h keine besondere Fahrerlaubnis erforderlich ist, sollte in jedem Fall eine Fahreignung vorliegen.
Starres Rohrgestell oder falt- und klappbar?
Die Frage stellt sich für Menschen, die mit Rollstuhl häufig außer Haus unterwegs sind. Ein falt- und klappbarer Rollstuhl lässt sich dank seiner Konstruktion auf ein Mindestmaß platzsparend unterbringen und bei Bedarf unterwegs nutzen. Mitunter geht dies zulasten des Komforts und der Fahreigenschaften. Hier sind Rollstühle mit starrem Rahmen für die häusliche Umgebung gewiss eine bessere Option. Sie sind in der Regel leichter und die eingesetzte Muskelkraft wird ohne große Verluste in Bewegungsenergie umgesetzt.
Adaptivrollstuhl
Rollstühle, die besonders „adaptiv“ (anpassungsfähig) sind, bieten zusätzliche Einstellmöglichkeiten. So lassen sie sich noch genauer auf die individuellen Anforderungen des Nutzers skalieren. Adaptivrollstühle sind häufig für Kinder mit Bewegungseinschränkungen erste Wahl, weil sie über einen längeren Zeitraum „mitwachsen“ können. Die frühere Bezeichnung „Aktivrollstuhl“ deutet drauf hin, dass diese Modelle auch im Sport- und Freizeitbereich ihren Platz haben.
Die Wahl des richtigen Rollstuhls
Maßgebend für die Auswahl eines Rollstuhls sind die individuellen Auswirkungen einer Schädigung durch einen Unfall, einer Erkrankung oder durch eine Behinderung auf die Mobilität, die Sitzhaltung und die Sitzstabilität einer Person. Bei einer ganzheitlichen Betrachtung rücken neben motorischen auch kognitive und sensorische Fähigkeiten in den Mittelpunkt. Schließlich sollten bei Rollstühlen für den Außenbereich (E-Mobilität) die Koordination der Bewegungen, das Sehvermögen und die kognitiven Voraussetzungen für die Teilnahme am Straßenverkehr gegeben sein.
Grundsätzlich sollte ein Rollstuhl bequem sein und zu seinem Nutzer passen. Sitzbreite und -tiefe, die Höhe der Rückenlehne sowie die Sitzhöhe insgesamt gehören im Allgemeinen zu den Kriterien, die hier zu berücksichtigen sind. Wir empfehlen: Nutzen Sie die Gelegenheit zu einer qualifizierten Beratung bei einem Fachanbieter (Sanitätshäuser) in Ihrer Nähe.
Kosten / Kostenübernahme für einen Rollstuhl
Bei einfachen Schieberollstühlen muss im günstigsten Fall mit Kosten von rund 150 Euro gerechnet werden. Elektrorollstühle und E-Mobile kosten ab 1.500 bis 1.800 Euro in der Basisausstattung.
Die Hilfsmittel werden in der Regel von Ärztinnen und Ärzten verschrieben. Dabei wird auch gleich festgelegt, welcher Rollstuhl-Typ geeignet ist, über welche Einstellmöglichkeiten er verfügen sollte und welche zusätzlichen technischen Anforderungen erfüllt sein sollten. In jedem Fall sollte die medizinische Notwendigkeit begründet sein und ein Rezept vorliegen, das der Krankenkasse vorgelegt werden kann. In besonderen Fällen und bei anerkanntem Pflegegrad (Pflegebedürftigkeit) springt auch die Pflegekasse mit Zuzahlungen ein.
Lassen Sie sich in einem Sanitätshaus beraten. Häufig arbeiten Krankenkassen hier mit festen Vertragspartnern zusammen. Wenn Sie ein geeignetes Modell ausgesucht haben, sendet der Fachhändler den Kostenvoranschlag mit dem Rezept an die zuständige Krankenkasse. Wird das Modell genehmigt, fällt lediglich die gesetzliche Zuzahlung von maximal 10 Euro an.
Das sollten Sie wissen: In der Regel kommen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen ausschließlich für zwingend notwendige Lösung auf. Für Rollstühle mit E-Antrieb oder Sonderausstattungen sollte eine besondere Notwendigkeit vorliegen, um bewilligt zu werden. Wer darüber hinaus zusätzliche Wünsche hat, die über den Komfort eines Standardmodells hinausgehen, müssen diese aus eigener Tasche privat bezahlt werden. Interessant sind in diesem Zusammenhang mitunter auch Miet-Konzepte, die sich bei größeren Anschaffungen lohnen können.
Übrigens: Rollstühle werden von der Krankenkasse leihweise zur Verfügung gestellt und müssen, wenn sie nicht mehr benötigt werden, zurückgegeben werden.
Finanzielle Unterstützung für Wohnraumanpassungen
Nicht jede Wohnumgebung ist für Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, alltagstauglich ausgestattet: Türbreiten, Treppen, für die eine Rollstuhlrampe benötigt wird, starke Neigungen oder hohe Schwellen sind hier mögliche Hindernisse.
Im Rahmen einer notwendigen Wohnraumanpassung (Lifter, Treppenrollstühle, Rampen etc.) können bei anerkanntem Pflegegrad pro Maßnahme Leistungen der Pflegekasse von bis zu 4.000 Euro für ein barrierefreies Wohnen beantragt werden.
Informieren Sie sich bei einer regionalen Verbraucherzentrale zu weiteren Fördermöglichkeiten, die Bund, Länder und Kommunen zur Verfügung stellen. Interessant ist hier außerdem das Programm „Altersgerecht Umbauen“ der KfW-Bank mit Zuschüssen und Darlehen bis zu 50.000 Euro für eine Wohneinheit.
Weiterführende Informationen
- Hilfsmittelverzeichnis „Kranken- und Behindertenfahrzeuge“ (PDF)
GKV Spitzenverband
- Ratgeber zur Pflegebedürftigkeit
- Ratgeber zum Thema Pflegegrade
- Ratgeber zu „Leistungen der Pflegekasse“
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